The Project Gutenberg EBook of Das Haidedorf, by Adalbert Stifter Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the copyright laws for your country before downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg eBook. This header should be the first thing seen when viewing this Project Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the header without written permission. Please read the "legal small print," and other information about the eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is important information about your specific rights and restrictions in how the file may be used. 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And, unless it be a requirement that, to be ranked as classic, a writer must be dead for many years, Stifter is entitled to an honorable place among the classic writers of Germany. Not all he has written bears the stamp of beauty and genius, but at his best he is truly great, and of his best we have a great deal. Adalbert Stifter was born in Oberplan, Bohemia, October 23d, 1806. His father was a poor linen-weaver who was killed by an accident when the boy was only ten years old. An uncle assumed charge of his education and sent him to the monastic Latin School at Kremsmuenster. His education was completed in Vienna, whither he went in 1826, principally to study history and philosophy, but also to cultivate his love of nature by the pursuit of natural science and landscape-painting. His love for nature remained throughout his life the most characteristic trait of the man. In all his works, but especially in his "Studien," he showed himself to be a painter of words who has only one equal in German Literature--Paul Heyse. His love of detail confined him to one form of literary production, the short novel. And even within these narrow limits Stifter's works show little action. But for this we are amply compensated by the simple beauty of his diction, its calm moderated tone, with never a word superfluous or lacking, the manly nobility of his sentiment, and the almost womanly delicacy of his perception. No one can read "Das Haidedorf" without feeling the poet's love for man and nature. The two volumes of which "Das Haidedorf" forms a small part are entitled "Studien." In an English translation of extracts from Stifter this is rendered by "Sketches." Far from being sketches, they are exquisite studies carefully finished by a master hand. It may be said without exaggeration that the following beautiful prose-idyl will suggest to a sensitive and appreciative mind a succession of pictures destined to remain as permanent possessions of art. And, when it is added that the style is simple and modern, no further apology need be made for this publication, save this, that the "Studien" have not, as far as I have been able to gather, been reprinted singly. Stifter's life, like his writings, was idyllic. He was appointed in 1846 to one of the higher educational posts by the Austrian government, and took up his residence in Linz. This post he had to resign in 1856, owing to impaired health. His remaining years were spent in happy retirement, given to literary work, landscape-painting and his favorite pastime of horticulture. Adalbert Stifter died at Linz, Austria ob der Enns, January 28th, 1868. OTTO HELLER. Philadelphia, February, 1891. N.B. The orthography of this edition is that used in the original edition of the "Studien." I. DIE HAIDE. Im eigentlichen Sinne des Wortes ist es nicht eine Haide, wohin ich den lieben Leser und Zuhoerer fuehren will, sondern weit von unserer Stadt ein traurig liebliches Fleckchen [1] Landes, das sie die Haide nennen, weil seit unvordenklichen Zeiten [2] nur kurzes Gras darauf wuchs, hie und da ein Stamm Haidefoehre, [3] oder die Krueppelbirke, an deren Rinde zuweilen ein Wollfloeckchen hing, von den wenigen Schafen und Ziegen, die zeitweise [4] hier herumgingen. Ferner war noch in ziemlicher Verbreitung die Wachholderstaude [5] da, im Weitern [6] aber kein andrer Schmuck mehr; man muesste nur [7] die fernen Berge hierher rechnen, die ein wunderschoenes blaues Band um das mattfarbige Gelaende [8] zogen. Wie es aber des Oeftern [9] geht, dass tiefsinnige Menschen, oder solche, denen die Natur allerlei wunderliche Dichtung und seltsame Gefuehle in das Herz gepflanzt hatte, gerade solche Orte aussuchen und liebgewinnen, weil sie da ihren Traeumen und innerem Klingklang nachgehen koennen: so geschah es auch auf diesem Haideflecke. Mit den Ziegen und Schafen naemlich kam auch sehr oft ein schwarzaeugiger Bube von zehn oder zwoelf Jahren, eigentlich [10] um dieselben zu hueten; aber wenn sich die Thiere zerstreuten--die Schafe um das kurze wuerzige Gras zu geniessen, die Ziegen hingegen, fuer die im Grunde [11] kein passendes Futter da war, mehr ihren Betrachtungen und der reinen Luft ueberlassen, nur so gelegentlich den einen oder andern weichen Sprossen pflueckend--fing er inzwischen an, Bekanntschaft mit den allerlei Wesen zu machen, welche die Haide hegte [12], und schloss mit ihnen Buendniss und Freundschaft. Es war da ein etwas erhabener Punkt, an dem sich das graue Gestein, auch ein Mitbesitzer [13] der Haide, reichlicher vorfand, und sich gleichsam emporschob, ja sogar am Gipfel mit einer ueberhaengenden Platte ein Obdach und eine Rednerbuehne bildete. Auch der Wachholder draengte sich dichter an diesem Orte, sich breit machend in vielzweigiger Abstammung [14] und Sippschaft [15] nebst manch schoenblumiger Distel. Baeume aber waren gerade hier weit und breit keine, wesshalb eben die Aussicht weit schoener war, als an andern Punkten, vorzueglich gegen Sueden, wo das ferne Moorland, so ungesund fuer seine Bewohner, so schoen fuer das entfernte Aeuge, blauduftig [16] hinausschwamm in allen Abstufungen der Ferne. Man hiess den Ort den Rossberg [17]; aus welchen Gruenden, ist unbekannt, da hier nie seit Menschenbesinnen ein Pferd ging, was ueberhaupt [18] ein fuer die Haide zu kostbares Gut gewesen waere. Nach diesem Punkte nun [19] wanderte unser kleiner Freund am allerliebsten, wenn auch seine Pflegebefohlenen [20] weit ab in ihren Berufsgeschaeften gingen, da er aus Erfahrung wusste, dass keines die Gesellschaft verliess, und er sie am Ende alle wieder vereint fand, wie weit er auch nach ihnen suchen musste; ja, das Suchen war ihm selber abenteuerlich, vorzueglich, wenn er weit und breit wandern musste. Auf dem Huegel des Rossberges gruendete er sein Reich. Unter dem ueberhaengenden Blocke bildete er nach und nach durch manche Zuthat, [21] und durch muehevolles, mit spitzen Steinen bewerkstelligtes [22] Weghaemmern einen Sitz, anfangs fuer Einen, dann fueglich fuer Drei geraeumig [23] genug; auch ein und das andere Fach [24] wurde vorgefunden oder hergerichtet, oder andere bequeme Stellen und Winkel, wohin er seinen leinenen Haidesack legte, und sein Brot, und die unzaehligen Haideschaetze, die er oft hieher zusammen trug. Gesellschaft war im Uebermasse da. Vorerst [25] die vielen grossen Bloecke, die seine Burg bildeten, ihm alle bekannt und benannt, jeder anders an Farbe und Gesichtsbildung, der unzaehligen kleinen gar nicht zu gedenken, die oft noch bunter und farbenfeuriger waren. Die grossen theilte er ein, je nachdem sie ihn durch Abenteuerlichkeit entzueckten, oder durch Gemeinheit aergerten: die kleinen liebte er alle. Dann war der Wachholder, ein widerspenstiger [26] Geselle, unueberwindlich zaehe in seinen Gliedern, wenn er einen koestlichen, wohlriechenden Hirtenstab sollte fahren lassen, [27] oder Platz machen fuer einen anzulegenden [28] Weg;--seine Aeste starrten [29] rings von Nadeln, strotzten [30] aber auch in allen Zweigen von Gaben der Ehre, die sie Jahr aus Jahr ein den reichlichen Haidegaesten auftischten, [31] die millionenmal Millionen blauer und gruener Beeren. Dann waren die wundersamen Haidebluemchen, glutfaerbig oder himmelblau brennend, zwischen dem sonnigen Gras des Gesteines, oder jene unzaehlbaren kleinen, zwischen dem Wachholder sprossend, die ein weisses Schnaebelchen aussperren, mit einem gelben Zuenglein darinnen--auch manche Erdbeere war hie und da, selbst zwei Himbeerstraeuche, und sogar, zwischen den Steinen emporwachsend, eine lange Haselruthe. Boese Gesellschaft fehlte wohl [32] auch nicht, die er vom Vater gar wohl kannte, wenn sie auch schoen war, z. B. hie und da, aber sparsam, die Einbeeren, [33] die er nur schonte, weil sie so glaenzend schwarz waren, so schwarz, wie gar nichts auf der ganzen Haide, seine Augen ausgenommen, die er freilich [34] nicht sehen konnte. Fast sollte man von der lebenden und bewegenden Gesellschaft nun gar nicht mehr reden, so viel ist schon da; aber diese Gesellschaft ist erst vollends ausgezeichnet. Ich will von den tausend und tausend goldenen, rubinenen, smaragdenen Thierchen und Wuermchen gar nichts sagen, die auf Stein, Gras und Halm kletterten, rannten und arbeiteten, weil er von Gold, Rubinen und Smaragden noch nichts sah, ausser was der Himmel und die Haide zuweilen zeigte;--aber von Anderem muss gesprochen werden. Da war einer seiner Guenstlinge, ein schnarrender [35] purpurfluegliger Springer, [36] der dutzendweise vor ihm aufflog, und sich wieder hinsetzte, wenn er eben seine Gebiete durchreiste--da waren dessen unzaehlbare Vettern, die groessern und kleinern Heuschrecken, in missfarbiges Gruen gekleidete Heiduken, [37] lustig und rastlos zirpend [38] und schleifend, [39] dass an Sonnentagen ein zitterndes Gesinge [40] laengs der ganzen Haide war,--dann waren die Schnecken mit und ohne Haeuser, braune und gestreifte, gewoelbte und platte, und sie zogen silberne Strassen ueber das Haidegras, oder ueber seinen Filzhut, auf den er sie gerne setzte--dann die Fliegen, summende, singende, piepende, blaue, gruene, glasflueglige--dann die Hummel, die schlaefrig vorbeilaeutete [41]--die Schmetterlinge, besonders ein kleiner mit himmelblauen Fluegeln, auf der Kehrseite [42] silbergrau mit gar anmuthigen Aeuglein, dann noch ein kleinerer mit Fluegeln, wie eitel [43] Abendroethe--dann endlich war die Ammer, und sang an vielen Stellen; die Goldammer, das Rotkehlchen, die Haidelerche, dass von ihr oft der ganze Himmel voll Kirchenmusik hing; der Distelfink, die Grasmuecke, der Kibitz, und andere und wieder andere. Alle ihre Nester lagen in seiner Monarchie, und wurden ausgesucht und beschuetzt. Auch manch rothes Feldmaeuschen sah er schluepfen [44] und schonte sein, wenn es ploetzlich stille hielt, und ihn mit den glaenzenden erschrockenen Aeuglein ansah. Von Woelfen oder andern gefaehrlichen Boesewichtern war seit Urzeiten [45] aller seiner Vorfahren keiner erlebt worden, [46] manches eiersaufende [47] Wiesel ausgenommen, das er aber mit Feuer und Schwert verfolgte. Inmitten all dieser Herrlichkeiten stand er, oder ging, oder sprang, oder sass er--ein herrlicher Sohn der Haide: aus dem tiefbraunen Gesichtchen voll Guete und Klugheit leuchteten in blitzendem, unbewusstem Glanze die pechschwarzen Augen, voll Liebe und Kuehnheit, und reichlich zeigend jenes gefahrvolle Element, was ihm geworden [48] und in der Haideeinsamkeit zu sprossen begann, eine dunkle glutenspruehige Fantasie. Um die Stirne war eine Wildniss dunkelbrauner Haare, kunstlos den Winden der Flaeche hingegeben. Wenn es mir erlaubt waere, so wuerde ich meinen Liebling vergleich en mit jenem Hirtenknaben aus den heiligen Buechern, der auch auf der Haide vor Bethlehem sein Herz fand, und seinen Gott, und die Traeume der kuenftigen Koenigsgroesse. Aber so ganz arm, wie unser kleiner Freund, war jener Hirtenknabe gewiss nicht; denn des ganzen lieben Tages Laenge hatte er nichts, als ein tuechtig Stueck schwarzen Brotes, wovon er unbegreiflicher Weise [49] seinen bluehenden Koerper und den noch bluehendern Geist naehrte, und ein klares kuehles Wasser, das unweit des Rossberges vorquoll, [50] ein Bruennlein fuellte, und dann flink laengs der Haide forteilte, um mit andern Schwestern vereint jenem fernen Moore zuzugehen, dessen wir oben gedachten. Zu g u t e n Zeiten waren auch ein oder zwei Ziegenkaese in der Tasche. Aber ein Nahrungsmittel hatte er in einer Guete und Fuelle, wie es der ueberreichste Staedter nicht aufweisen kann, einen ganzen Ozean der heilsamsten Luft u m sich, und eine Farbe und Gesundheit reifende Lichthuelle ue b e r sich. Abends, wenn er heim kam, wohin er sehr weit hatte, kochte ihm die Mutter eine Milchsuppe, oder einen koestlichen Brei aus Hirse. [51] Sein Kleid war ein halbgebleichtes Linnen. Weiter hatte er noch einen breiten Filzhut, den er aber selten aufthat, sondern meistens in seinem Schlosse an einen Holznagel hing, der er in die Felsenritze geschlagen hatte. Dennoch war er stets lustig, und wusste sich oft nicht zu halten vor Frohsinn. Von seinem Koenigssitze aus herrschte er ueber die Haide. Theils durchzog er sie weit und breit, theils sass er hoch oben auf der Platte oder Rednerbuehne, und so weit das Auge gehen konnte, so weit ging die Fantasie mit, oder sie ging noch weiter, und ueberspann die ganze Fernsicht mit einem Fadennetze von Gedanken und Einbildungen, und je laenger er sass, desto dichter kamen sie, so dass er oft am Ende selbst ohnmaechtig unter dem Netze steckte. Furcht der Einsamkeit kannte er nicht; ja, wenn recht weit und breit kein menschliches Wesen zu erspaehen war, und nichts, als die heisse Mittagsluft laengs der ganzen Haide zitterte, dann kam erst recht das ganze Gewimmel seiner innern Gestalten daher; [52] und bevoelkerte die Haide. Nicht selten stieg er dann auf die Steinplatte, und hielt sofort eine Predigt und Rede--unten standen die Koenige und Richter, und das Volk und die Heerfuehrer, und Kinder und Kindeskinder, zahlreich, wie der Sand am Meere; er predigte Busse und Bekehrung--und Alle lauschten auf ihn; er beschrieb ihnen das gelobte Land, verhiess, dass sie Heldenthaten thun wuerden, und wuenschte zuletzt nichts sehnlicher, als dass er auch noch ein Wunder zu wirken vermoechte. Dann stieg er hernieder und fuehrte sie an, in die fernsten und entlegensten Theile der Haide, wohin er wohl eine Viertelstunde zu gehen hatte--zeigte ihnen nun das ganze Land der Vaeter, und nahm es ein mit der Schaerfe des Schwertes. Dann wurde es unter die Staemme ausgetheilt, und jedem das Seinige zur Vertheidigung angewiesen. Oder er baute Babilon, eine furchtbare und weitlaeufige Stadt--er baute sie aus den kleinen Steinen des Rossberges, und verkuendete den Heuschrecken und Kaefern, dass hier ein gewaltiges Reich entstehe, das Niemand ueberwinden kann, als Cyrus, der morgen oder uebermorgen kommen werde, den gottlosen Koenig Balsazar zu zuechtigen, wie es ja Daniel laengst vorher gesagt hat. Oder er grub den Jordan ab, d. i. den Bach, der von der Quelle floss, und leitete ihn anderer Wege--oder er that das alles nicht, sondern entschlief auf der offenen Flaeche, und liess ueber sich einen bunten Teppich der Traeume weben. Die Sonne sah ihn an, und lockte auf die schlummernden Wangen eine Roethe, so schoen und so gesund, wie an gezeitigten Aepfeln, oder so reif, und kraeftig, wie an der Lichtseite vollkoerniger Haselnuesse, und wenn sie endlich gar die hellen grossen Tropfen auf seine Stirne gezogen hatte, dann erbarmte ihr der Knabe [53] und sie weckte ihn mit einem heissen Kusse. So lebte er nun manchen Tag und manches Jahr auf der Haide, und wurde groesser und staerker, und in das Herz kamen tiefere, dunklere und stillere Gewalten, und es ward ihm wehe und sehnsuechtig--und er wusste nicht, wie ihm geschah. Seine Erziehung hatte er vollendet, und was die Haide geben konnte, das hatte sie gegeben; der reife Geist schmachtete nun nach seinem Brote, dem W i s s e n, und das Herz nach seinem Weine, der L i e b e. Sein Auge ging ueber die fernen Duftstreifen des Moores, und noch weiter hinaus; als muesse dort draussen etwas sein was ihm fehle, und als muesse er eines Tages seine Lenden guerten, den Stab nehmen, und weit, weit von seiner Heerde gehen. Die Wiese, die Blumen, das Feld und seine Aehren, der Wald und seine unschuldigen Thierchen sind die ersten und natuerlichsten Gespielen und Erzieher des Kinderherzens. Ueberlass den kleinen Engel nur seinem eigenen innern Gotte, und halte bloss die Daemonen ferne, und er wird sich wunderbar erziehen und vorbereiten. Dann, wenn das fruchtbare Herz hungert nach Wissen und Gefuehlen, dann schliess ihm die Groesse der Welt, des Menschen und Gottes auf. Und somit lasst uns Abschied nehmen von dem Knaben auf der Haide. II. Das Haidehaus. Eine gute Wegestunde von dem Rossberge stand ein Haus, oder vielmehr eine weitlaeufige Huette. Sie stand am Rande der Haide weit ab jeder Strasse menschlichen Verkehres; sie stand ganz allein, und das Land um sie war selber wieder eine Haide, nur anders, als die, auf der der Knabe die Ziegen huetete. Das Haus war ganz aus Holz, fasste zwei Stuben und ein Hinterstuebchen, alles mit maechtigen braunschwarzen Tragebalken, daran manch Festkrueglein hing, mit schoenen Trinkspruechen [54] bemalt. Die Fenster, licht und geraeumig, sahen auf die Haide, und das Haus war umgeben von dem Stalle, Schuppen [55] und der Scheune. Es war auch ein Gaertlein vor demselben, worin Gemuese wuchs, ein Hollunderstrauch und ein alter Apfelbaum stand--weiter ab waren noch drei Kirschbaeume, und unansehnliche Pflaumengestraeuche. Ein Brunnen floss vor dem Hause, kuehl, aber sparsam; er floss von dem hohen starken Holzschafte in eine Kufe nieder, die aus einem einzigen Haidestein gehauen war. In diesem Hause war es sehr einsam geworden; es wohnten nur ein alter Vater und eine alte Mutter darinnen, und eine noch aeltere Grossmutter--und Alle waren sie traurig; denn er war fortgezogen, weit in die Fremde, der das Haus mit seiner jugendlichen Gestalt belebt hatte, und der die Freude Aller war. Freilich spielte noch ein kleines Schwesterlein an der Thuerschwelle, aber sie war noch gar zu klein, und war noch zu thoericht; denn sie fragte ewig, wann der Bruder Felix wieder kommen werde. Weil der Vater Feld und Wiese besorgen musste, so war ein anderer Ziegenknabe genommen worden; allein dieser legte auf der Haide Vogelschlingen, trieb immer sehr frueh nach Hause, [56] und schlief gleich nach dem Abendessen ein. Alle Wesen auf der Haide trauerten um den schoenen lockigen Knaben, der von ihnen fortgezogen. Es war ein traurig schoener Tag gewesen, an dem er fortgegangen war. Sein Vater war ein verstaendig stiller Mann, der ihm nie ein Scheltwort gegeben hatte, und seine Mutter liebte ihn, wie ihren Augapfel;--und aus i h r e m Herzen, dem er oft und gerne lauschte, sog er jene Weichheit und Fantasiefuelle, die sie hatte, aber zu nichts verwenden konnte, als zu lauter Liebe fuer ihren Sohn. Den Vater ehrte sie als den Oberherrn, der sich Tag und Nacht so plagen muesse, um den Unterhalt herbeizuschaffen, da die Haide karg war, und nur gegen grosse Muehe sparsame Fruechte trug, und oft die nicht, wenn Gott ein heisses Jahr ueber dieselbe herabsandte. Darum lebten sie in einer friedsamen Ehe, und liebten sich pflichtgetreu von Herzen, und standen einander in Noth und Kummer bei. Der Knabe kannte daher nie den giftigen Mehlthau fuer Kinderherzen, Hader und Zank, ausser, wenn ein stoessiger Bock [57] Irrsal stiftete, [58] den er aber immer mit tuechtigen Pueffen seiner Faust zu Paaren trieb, [59] was das boeseste Thier von ihm, und nur von ihm allein gutwillig litt, weil es wohl wusste, dass er sein Beschuetzer und zuversichtlicher Kamerade sei. Der Vater liebte seinen Sohn wohl auch, und gewiss nicht minder als die Mutter, aber nach der Verschaemtheit gemeiner Staende, zeigte er diese Liebe nie, am wenigsten dem Sohne--dennoch konnte man sie recht gut erkennen an der Unruhe, mit der er aus- und einging, und an den Blicken, die er haeufig gegen den Rossberg that, wenn der Knabe einmal zufaellig spaeter von der Haide heim kam, als gewoehnlich--und der Bube wusste und kannte diese Liebe sehr wohl, wenn sie sich auch nicht aeusserte. Von solchen Eltern hatte er keinen Widerstand zu erfahren, als er den Entschluss aussprach, in die Welt zu gehen, weil er durch aus nicht mehr zu Hause zu bleiben vermoege. Ja, der Vater hatte schon seit langem wahrgenommen, wie der Knabe sich in Einbildungen und Dingen abquaele, die ihm selber von Kindheit an nie gekommen waren; er hielt sie desshalb fuer Geburten der Haideeinsamkeit, und sann auf deren Abhilfe. Die Mutter hatte zwar nichts Seltsames an ihrem Sohne bemerkt, weil eigentlich ohnehin ihr Herz in dem seinen schlug; allein sie willigte doch in seine Abreise aus einem dunklen Instinkte, dass er da ausfuehre, was ihm Noth thue. Noch e i n e Person musste gefragt werden, nicht von den Eltern, sondern von ihm: die G r o ss m u t t e r. Er liebte sie zwar nicht so wie die Mutter, sondern ehrte und scheute sie vielmehr; aber sie war es auch gewesen, aus der er die Anfaenge jener Faeden zog, aus welchen er vorerst seine Haidefreuden webte, dann sein Herz und sein ganzes zukuenftiges Schicksal. Weit ueber die Grenze des menschlichen Lebens schon hinausgeschritten sass sie, wie ein Schemen hinten am Hause im Garten an der Sonne, ewig einsam und ewig allein in der Gesellschaft ihrer Todten, und zurueckspinnend an ihrer innern ewig langen Geschichte. Aber so wie sie dasass, war sie nicht das gewoehnliche Bild unheimlichen Hochalters, sondern wenn sie oft ploetzlich ein oder das andere ihrer innern Geschoepfe anredete, als ein lebendes und vor ihr wandelndes; oder, wenn sie sanft laechelte, oder betete, oder mit sich selbst redete, wundersam spielend in Bloedsinn und Dichtung, in Unverstand und Geistesfuelle: so zeigte sie gleichsam, wie eine maechtige Ruine, rueckwaerts auf ein denkwuerdiges Dasein. Ja, der Menschenkenner, wenn hier je einer hergekommen waere, wuerde aus den wenigen Blitzen, die noch gelegentlich auffuhren, leicht erkannt haben, dass hier eine Dichtungsfuelle ganz ungewoehnlicher Art voruebergelebt worden war, ungekannt von der Umgebung, ungekannt von der Besitzerin, voruebergelebt in dem schlechten Gefaesse eines Haidebauerweibes. Ihre gemuethreiche Tochter, die Mutter des Knaben, war nur ein schwaches Abbild derselben. Das alte Weib hatte in ihrem ganzen Leben voll harter Arbeiten nur ein einziges Buch gelesen, die Bibel; aber in diesem Buche las und dichtete sie siebenzig Jahre. Jetzt that sie es zwar nicht mehr, verlangte auch nicht mehr, dass man ihr vorlese; aber ganze Prophetenstellen sagte sie oft laut her, und in ihrem Wesen war Art und Weise jenes Buches ausgepraegt, so dass selbst zuletzt ihre gewoehnliche Redeweise etwas Fremdes und gleichsam Morgenlaendisches zeigte. Dem Knaben erzaehlte sie die heiligen Geschichten. Da sass er nun oft an Sonntagnachmittagen gekauert [60] an dem Hollunderstrauch--und wenn die Wunder, und die Helden kamen, und die fuerchterlichen Schlachten, und die Gottesgerichte--und wenn sich dann die Grossmutter in die Begeisterung geredet, [61] und der alte Geist die Ohnmacht seines Koerpers ueberwunden hatte--und wenn sie nun anfing, zurueckgesunken in die Tage ihrer Jugend, mit dem welken Munde zaertlich und schwaermerisch zu reden, mit einem Wesen, das er nicht sah, und in Worten, die er nicht verstand, aber tief ergriffen instinktmaessig nachfuehlte, und wenn sie um sich alle Helden der Erzaehlung versammelte, und ihre eigenen Verstorbenen einmischte, und nun alles durcheinander reden liess: da grauete er sich innerlich entsetzlich ab, [62] und um so mehr, wenn er sie gar nicht mehr verstand--allein er schloss alle Thore seiner Seele weit auf, und liess den fantastischen Zug [63] eingehen, und nahm des andern Tages das ganze Getuemmel mit auf die Haide, wo er Alles wieder nachspielte. Dieser Grossmutter nun wollte er sein Vorhaben deuten, damit sie ihn nicht eines Tages zufaellig vermisse, und sich innerlich kraenke, als sei er gestorben. Und so--an einem fruehen Morgen stand er neben den Eltern reisefertig vor der Thuer, sein duerftig Linnenkleid an, den breiten Hut auf dem Haupte, den Wacholderstab in der Hand, umgehaengt den Haidesack, in welchem zwei Hemden waren und Kaese und Brot. Eingenaeht in die Brusttasche hatte er das wenige Geld, welches das Haus vermochte. Die Grossmutter, immer die erste wach, knieete bereits nach ihrer Sitte inmitten der Wiese an ihrem Holzschemel, den sie dahin getragen, und betete. Der Knabe warf einen Blick auf den Haiderand, welcher schwarz den lichten Himmel schnitt--dann trat er zu der Grossmutter und sagte: "Liebe Mutter, ich gehe jetzt, lebet wohl und betet fuer mich!" "Kind, du musst der Schafe achten, der Thau ist zu frueh, und zu kuehl!" "Nicht auf die Haide gehe ich, Grossmutter, sondern weit fort in das Land, um zu lernen und tuechtig zu werden, wie ich es Euch ja gestern Alles gesagt habe." "Ja, Du sagtest es," erwiederte sie, "Du sagtest es, mein Kind--ich habe Dich mit Schmerzen geboren, aber Dir auch Gaben gegeben, zu werden, wie einer der Propheten und Seher--ziehe mit Gott, aber komme wieder, Jacobus!" Jacobus hatte ihr Sohn geheissen, der auch einmal fortgegangen, vor mehr als sechzig Jahren, aber nie wieder zurueckgekehrt war. "Mutter," sagte er noch einmal, "gebt mir Eure Hand." Sie gab sie ihm; er schuettelte sie und sagte: "Lebt wohl, lebt wohl." "Amen, Amen," sagte sie, als hoerte sie zu beten auf. Dann wandte sich der Knabe gegen die Eltern; das Herz war ihm so sehr emporgeschwollen--er sagte nichts, sondern mit eins hing er am Halse der Mutter, und sie, heiss weinend, kuesste ihn auf beide Wangen, und schob ihm noch ein Geldstueck zu, das sie einst als Pathengeschenk empfangen, und immer aufgehoben hatte, allein er nahm es nicht. Dem Vater reichte er bloss die Hand, weil er sich nicht getraute, ihn zu umarmen. Dieser machte ihm ein Kreuz auf die Stirne, auf den Mund und die Brust, und als hierbei seine rauhe Hand zitterte, und um den harten Mund ein heftiges Zucken ging, da hielt sich der Knabe nicht mehr. Mit einem Thraenengusse warf er sich an die Brust des Vaters, und dessen linker Arm umkrampfte [64] ihn eine Sekunde, dann liess er ihn los, und schob ihn wortlos gegen die Haide. Die Mutter aber rief ihn noch einmal, und sagte, er moege doch auch das kleine Schwesterchen gesegnen, [65] die man in ihrem Bettlein ganz vergessen habe. Drei Kreuze machte er ueber den schlafenden Engel, dann schritt er schnell hinaus, und ging trotzig vorwaerts gegen die Haide. So ziehe mit Gott, du unschuldiger Mensch, und bringe nur das Kleinod wieder, was du so leichtsinnig forttraegst! Als er an den Rossberg gekommen, ging die Sonne auf, und schaute in zwei treuherzige, zuversichtliche, aber rothgeweinte Augen. Am Haidehause spiegelte sie sich in den Fenstern, und an der Sense des Vaters, der maehen ging. III. Das Haidedorf. Des ersten Abends war es oede und verlassen, und den beiden Eltern that das Herz weh, als sie in der Daemmerung des Sommers zu Bette gingen, und auf seine leere Schlafstelle sahen. Um denselben Menschen, der vielleicht eben jetzt noch auf duerrer Heerstrasse wanderte, und von Keinem beachtet, ja von den Meisten v e r a c h t e t wurde, brachen fast zwei naturrohe Herzen im entlegenen Haidehause, dass sie ihn von nun an, vielleicht auf immer entbehren sollten; aber sie drueckten den Schmerz in sich, und jedes trug ihn einsam, weil es zu schamhaft und unbeholfen war, sich zu aeussern. Aber es kam ein zweiter Tag, und ein dritter, und ein vierter, ein jeder spannte denselben glaenzenden Himmelsbogen ueber die Haide, und funkelte nieder auf die Fenster und das altergraue Dach des Hauses eben so freundlich und lieblich, wie als er noch dagewesen war. Und dann kamen wieder Tage und wieder. Die Arbeit und Freude des Landmanns, durch Jahrtausende einfoermig, und durch Jahrtausende noch unerschoepft, zog auch hier geraeuschlos und magisch ein Stueck ihrer uralten Kette durch die Huette, und an jedem ihrer Glieder hing ein Troepflein Vergessenheit. Die Grossmutter trug nach wie vor ihren Holzschemel auf die Wiese, und betete daran, und sie und klein Marthe fragten taeglich, wann denn Felix komme. Der Vater maehete Roggen und Gerste--die Mutter machte Kaese und band Garben--und der fremde Ziegenbube trieb taeglich auf die Haide. Von Felix wusste man nichts. Die Sonne ging auf, und ging unter, die Haide wurde weiss, und wurde gruen, der Hollunderbaum und der Apfelbaum blueheten vielmal--klein Marthe war gross geworden, und ging mit, um zu heuen [66] und zu ernten, aber sie fragte nicht mehr,--und die Grossmutter, ewig und unbegreiflich hinaus lebend, wie ein vom Tode vergessener Mensch, fragte auch nicht mehr, weil er ihr entfallen war, oder sich zu ihren heimlichen Fantasiegestalten gesellt hatte. Die Felder des Haidebauers besserten sich nachgerade, als ob der Himmel seine Einsamkeit segnen und ihm vergelten wollte, und es wurde ihm so gut, [67] dass er schon manchen Getreidesack, aufladen, und mit schoenen Ochsen fortfuehren konnte, wofuer er dann einige Thaler Geldes, und Neuigkeiten von der Welt draussen heimbrachte. Einmal kam auch ein Schreinergeselle mit seinem Wanderpacke [68] zu Vater Niklas, dem Haidebauer, und brachte einen Gruss und einen Brief von Felix, und sagte, dass derselbe in der grossen, weit entfernten Hauptstadt ein schmucker, fleissiger Student sei, dass ihn Alles liebe, und dass er gar eines Tages Kaplan in der grossen Domkirche werden koennte. Der Schreinergeselle wurde ueber Nacht im Haidehause gut gehalten, und liess eitel Freude [69] zurueck, als er des andern Tages in entgegengesetzter Richtung von dannen zog. [70] So kam es, dass jedes Jahr ein- oder zweimal ein Wandersmann den Umweg ueber die Haide machte, dem schoenen, freundlichen, handsamen Juenglinge zu Liebe, der gern einen Gruss an sein liebes Muetterchen schicken wollte. Ja sogar einesmals kam Einer geschritten, und conterfeite das Haeuschen sammt dem Brunnen und Flieder- und Apfelbaume. Auch andere Veraenderungen begannen auf der Haide. Es kamen einmal viele Herren und vermassen ein Stueck Haideland, das seit Menschengedenken keines Herrn Eigenthum gewesen war, und es kam ein alter Bauersmann, und zimmerte mit vielen Soehnen und Leuten ein Haus darauf, und fing an, den vermessenen Fleck urbar zu machen. Er hatte fremdes Korn gebracht, das auf dem Haideboden gut anschlug, [71] und im naechsten Jahre wogte ein gruener Aehrenwald zunaechst an Vater Niklas Besitzungen, wo noch im vorigen Fruehlinge nur Schlehen und Liebfrauenschuh geblueht hatten. Der alte Bauer war ein freundlicher Mann, ein Mann vieler Kenntnisse, und teilte gerne seinen Rath und sein Wissen und seine Huelfe an die fruehern Haidebewohner, und hielt gute Nachbarschaft mit Vater Niklas. Sie fuhren nun Beide gar in die Stadt, verkauften dort ihr Getreide weit besser, und am Getreidemarkt im goldenen Rosse waren die Haidebauern wohl gekannt und wohlgelitten. Nach und nach kamen neue Ansiedler; auch eine Strasse wurde von der Grundherrschaft [72] ueber die Haide gebahnt, so dass nun manchmal des Weges ein vornehmer Wagen kam, dessgleichen man noch nie auf der Haide gesehen. Auch des alten Bauers Soehne bauten sich an, [73] und einer, sagte man sich in's Ohr, werde wohl schoen Marthens Braeutigam werden. Und so, ehe sieben Jahre in's Land gegangen, standen schon fuenf Haeuser mit Staellen und Scheunen, mit Giebeln und Daechern um das kleine, alte, graue Haidehaus, und Felder und Wiesen und Wege und Zaeune gingen fast bis auf eine Viertelstunde Weges gegen den Rossberg, der aber noch immer so einsam war, wie sonst;--und am Pankratiustage hatte Vater Niklas die Freude, zum Richter des Haidedorfes gewaehlt zu werden,--er der Erste seit der Erschaffung der Welt, der solch Amt und Wuerde auf diesem Flecke bekleidete. Wieder waren Jahre um Jahre vergangen, die Obstbaumsetzlinge, zarte Stangen, wie sie der alte Nachbarsbauer gebracht und an Niklas mitgeteilt hatte, standen nun schon als wirthliche Baeume da, und brachten reiche Frucht, und manchen Sonntagstrunk an Obstwein.--Marthe war an Nachbars Benedikt verheirathet, und sie trieben eigene Wirthschaft. [74]--Die Haide war weiss und wieder gruen geworden; aber des Vaters Haare b l i e b e n weiss, und die Mutter fing bereits an, der Grossmutter aehnlich zu werden, welche Grossmutter allein unverwuestlich und unveraenderlich blieb, immer und ewig am Hause sitzend, ein traeumerisches Ueberbleibsel, gleichsam, als warte sie auf Felixens Rueckkehr. Aber Felix schien, wie einst Jacobus, verschollen zu sein aus der Haide. Seit drei Jahren kam keine Kunde und kein Wandersmann.--In der Hauptstadt, wohin gar Benedikt gegangen, um ihn zu suchen, war er nicht zu finden, und im Amte sagten ihm die Kanzleiherren [75] aus einem grossen Buche, er sei ausser Landes gegangen, vielleicht gar ueber das Meer. Der Vater hoerte schon auf, von ihm zu reden; Marthe hatte ein Kindlein und dachte nicht an ihn, die Haidedoerfler kannten ihn nicht, und liebten ihn auch nicht, als einen, der da einmal davongegangen; die Grossmutter fragte nur bisweilen nach Jacobus:--aber das Mutterherz trug ihn unverwischt und schmerzhaft in sich, seit dem Tage, als er von dannen gezogen und an ihrem Busen geweint hatte--und das Mutterherz trug ihn Abends in das Haus, und Morgens auf die Felder--und das Mutterherz war es auch allein, das ihn erkannte, als einmal am Pfingstsamstage durch die Abendroethe ein wildfremder sonnverbrannter Mann gewandert kam, den Stab in der Hand, das Raenzlein auf dem Ruecken, und stehen blieb vor dem Haidehause. "Felix"--"Mutter!" Ein Schrei und ein Sturz an das Herz. Das Mutterherz ist der schoenste und unverlierbarste Platz des Sohnes, selbst wenn er schon graue Haare traegt--und jeder hat im ganzen Weltall nur ein e i n z i g e s solches Herz. Das alte Weib brach an ihm fast nieder vor Schluchzen, und er, vielleicht seit Jahren keiner Thraene mehr gewohnt, liess den Bach seiner Augen stroemen, und hob sie zu sich auf, und drueckte sie, und streichelte ihre grauen Haare, nicht sehend, dass Vater und Schwester, und das halbe Dorf um sie Beide standen. "Felix, mein Felix, wo kommst Du denn her?" fragte sie endlich. "Von Jerusalem, Mutter, und von der Haide des Jordans.--Gott gruess' Euch, Vater, und Gott gruesse Euch, Grossmutter! Jetzt bleib' ich lange bei Euch, und geliebt [76] es Gott, auf immer." Er schloss den zitternden Vater an's Herz, und dann die alte Grossmutter, die fast schamhaft und demuethig bei Seite stand--und dann noch einmal den Vater, den schoenen, alten, braunen Mann mit den schneeweissen Haaren, den er mit noch dichten dunkeln Locken verlassen hatte, und der doppelt liebenswerth da stand durch die unbehuelfliche Verlegenheit, in die er dem stattlichen Sohne gegenueber gerieth;--das Mutterherz aber, sich immer ihres unverjaehrbaren Ranges bewusst, zeigte nichts dem Aehnliches; sie [77] sah nicht seine Gestalt und seine Kleider, sondern ihr Auge hing die ganze Zeit ueber an seinem Angesichte, und es glaenzte und funkelte, und schaeumte fast ueber vor Freude und vor Stolz, dass Felix so schoen geworden, und so herrlich. Endlich, als sich sein Herz etwas gesaettigt, fiel ihm klein Marthe bei [78]; er fragte nach ihr, und sein Auge suchte am Boden umher--allein die Mutter fuehrte ihm ein bluehendes Weib vor, mit hellen blauen Augen, ein Kind auf dem Arme, wie eine Madonna, deren er in Welschland [79] auf Bildern gesehen--er erkannte im K i n d e klein Marthe, die Mutter des Kindes getraute er sich aber nicht zu kuessen, und auch sie stand bloede vor ihm, und sah ihn bloss liebreich an--endlich gruessten und kuessten sie sich herzinnig als Geschwister und der ehrliche Benedikt reichte ihm die Hand und sagte, wie er ihn vor zwei Jahren so emsig in der ungeheuersten Entfernung gesucht habe. "Da war ich im Lande Egypten," sagte Felix, "und Ihr haettet mich auch dort kaum erfragt; denn ich war in der Wueste." Auch die Bauern und ihre Weiber und Kinder, die sich vor Niklas Hause eingefunden hatten, und ehrbar neugierig umherstanden, gruesste er alle freundlich, lueftete den Reisehut, und reichte ihnen, obwohl unbekannt, die Hand. Endlich ging man in das Haus und nach Haidesitte gingen viele Nachbarn mit, und waren dabei, wie er Geschenke und Berichte auspackte. Auf der Gasse wurde es stille, die Menschen suchten nach dortigem Gebrauche zeitig ihre Schlafstellen, und die rothen Pfingstwolken leuchteten noch lange ueber dem Dorfe. IV. Der Haidebewohner. Und als des andern Tages die ersten Sonnenstrahlen glaenzten, und die Haidedorfbewohner bereits im Festputze geruestet waren, um zur fernen Kirche zu gehen: so war einer der Bewohner mehr, und einer der Kirchgaenger mehr. Die Nacht hatte es Manchem verwischt, [80] dass er gekommen, aber der Morgen brachte ihnen wieder neu den neuen Besitz, damit sie sich daran ergoetzten: Die Einen mit ihrer Neugierde, die Andern mit ihrer Liebe--Alle aber hatten eine unsichere Scheu, selbst die Eltern, was es denn waere, das ihnen an ihm zurueckgebracht worden sei, und ob er nicht ein fremdes Ding in der uebrigen Gleichheit und Einerleiheit [81] des Dorfes waere. Er aber stand schon angekleidet, Und zwar in dem leinenen Haidekleide und dem breiten Hute im Freien, und schaute mit den grossen, glaenzenden, sanften Augen um sich, als die Mutter zu ihm trat und ihn fragte, ob er auch in die Kirche gehen werde, oder ob er muede sei, und Gott zu Hause verehren wolle. "Ich bin nicht muede," antwortete er freundlich, "und ich werde mit Euch gehen;" denn er sah, dass die Mutter zum Kirchengehen angezogen war, und dass auch der Vater in seinem Sonntagsrocke aus dem Hause komme. Festliche Gruppen zeigten sich hie und da auf dem Anger des Dorfes; Manche traten naeher und gruessten, Andere hielten sich verschaemt zurueck, besonders die Maedchen, und wieder andere, welche zu Hause blieben, und in der Festtagseinsamkeit das Dorf hueten mussten, standen unter den Hausthueren oder sonst wo, und schauten zu. Und als noch Pfingstthau auf den Haidegraesern funkelte und glaenzte, und als die Morgenkuehle wehte, setzte sich schon Alles in Bewegung, um zu rechter Zeit anzulangen--und so fuehrte denn Felix das alte Weib an seiner Hand, und leitete sie so zaertlich um den sanften Haidebuehel [82] hinan, wie sie einstens ihn, da er noch ein schwacher Knabe war und Sonntags Vormittags die Ziegen und Schafe zu Hause lassen durfte, damit er hinausgehe und das Wort Gottes hoere. Der Vater ging innerlich erfreut daneben, die Andern theils voran, theils hinten. Endlich war die letzte Gruppe hinter dem Buehel verschwunden, die Nachschauenden traten in ihre Haeuser zurueck, und kurz darauf war jene funkelnde Einsamkeit ueber den Daechern, die so gern an heitern Sonntagvormittagen in den verlassenen Doerfern ist;--die Stunden rueckten trockener und heisser vor, eine duenne blaue Rauchsaeule stieg hie und da auf, und mitten in dem Garten des Haidehauses kniete die hagere Grossmutter und betete.--Und wie endlich nach stundenlanger Stille durch die duenne, weiche ruhende Luft, wie es sich zuweilen an ganz besonders schweigenden Tagen zutrug, der ferne feine Ton eines Gloeckleins kam, da kniete manche Gestalt auf den Rasen nieder, und klopfte an die Brust;--dann war es wieder stille und blieb stille----die Sonnenstrahlen sanken auf die Haeuser nieder, mehr und mehr senkrecht, dann wieder schraege, dass die Schatten auf der andern Seite waren--endlich kam der Mittag, und mit ihm alle Kirchgaenger--sie legten die schoensten Kleider und Tuecher von dem erhitzten Koerper, thaten leichtere an, und jedes Haus verzehrte sein vorgerichtetes Pfingstmahl. Und was war es denn, was ihnen an Felix zurueckgebracht worden war, und warum ist er denn so lange nicht gekommen, und wo ist er denn gewesen? Sie wussten es nicht. In der Kirche war er mit gewesen;--fast so kindlich andaechtig, wie einst, hatte er auf die Worte des Priesters gehorcht, sanftmuethig war er neben der Mutter nach Hause gekehrt, und wenn dann bei Tische der Vater das Wort nahm, so brach Felix das seine aufmerksam ab, und hoerte zu--und gegen Abend sass er mit der Grossmutter im Schatten des Hollunderbusches, und redete mit ihr, die ihm ganz sonderbare und unverstaendliche Geschichten vorlallte [83]---und wenn dann so den Tag ueber die Neugier der Mutter in sein Auge blickte, halb selig, halb schmerzenreich, wenn sie nach den einstigen weichen Zuegen forschte--ihren ehemaligen heitern, treuherzigen, schoenen Haideknaben suchte sie----und siehe, sie fand ihn auch: in leisen Spuren war das Bild des gutherzigen Knaben gepraegt in dem Antlitze des Mannes, aber unendlich schoener--so schoen, dass sie oft einen Augenblick dachte, sie koenne nicht seine Mutter sein;--wenn er den ruhigen Spiegel seiner Augen gegen sie richtete, so verstaendig und so guetig--oder wenn sie die Wangen ansah, fast so jung, wie einst, nur noch viel dunkler gebraeunt, dass dagegen die Zaehne wie Perlen leuchteten, dieselben Zaehne, die schon an dem Haidebuben so unschuldig und gesund geglaenzt--und um sie herum noch dieselben lieblichen Lippen, die aber jetzt reif und maennlich waren, und so schoen, als sollte sogleich ein suesses Wort daraus hervorgehen, sei's der Liebe, sei's der Belehrung---- "Er ist gut geblieben," jauchzte in ihr dann das Mutterherz; "er ist gut geblieben, wenn er auch viel vornehmer ist, als wir." Und in der That, es war ein solcher Glanz keuscher Reinheit um den Mann, dass er selbst von dem rohen Herzen des Haideweibes erkannt und geehrt wurde. Was lebte denn in ihm, das ihn unangeruehrt durch die Welt getragen, dass er seinen Koerper als einen Tempel wiederbrachte, wie er ihn einst aus der Einsamkeit fortgenommen?---- Sie wussten es nicht; nur immer heiterer und fast einfaeltiger legte sich sein Herz dar, [84]so wie die Stunden des ruhigen Festtages nach und nach verflossen. Spaet Abends erzaehlte er ihnen, da alle um den weissen buchenen Tisch sassen, und auch Marthe mit ihrem Kinde da war, und Benedikt und andere Nachbarn-- er erzaehlte ihnen von dem gelobten Lande, wie er dort gewesen, wie er Jerusalem und Bethlehem gesehen habe, wie er auf dem Tabor gesessen, sich in dem Jordan gewaschen;----den Sinai habe er gesehen, den furchtbar zerkluefteten Berg, und in der Wueste sei er gewandelt.--Er sagte ihnen, wie seine gezimmerten Truhen mit dem Postboten kommen wuerden; dann werde er ihnen Erde zeigen, die er aus den heiligen Laendern mitgebracht--auch getrocknete Blumen habe er, und Kraeuter, aus jenem Lande und Fusstritte des Herrn, und was nur immer dort das Erdreich erzeuge und bringe--und viel heiliger, viel heisser und viel einsamer seien je [85] Haiden und Wuesten, als die hiesige, die eher ein Garten zu nennen----und wie er so redete, sahen alle auf ihn, und horchten--und sie vergassen, dass es Schlafenszeit vorueber, dass die Abendroethe laengst verglommen, dass die Sterne emporgezogen, und in dichter Schaar ueber den Daechern glaenzten. Von Staedten, den Menschen und ihrem Treiben hatte er nichts gesagt, und sie hatten nicht gefragt. Die Worte seines Mundes thaten so wohl, dass ihnen gerade das, was er sagte, das Rechte daeuchte, und sie nicht nach Anderem fragten. Marthe trug endlich das schlafende Kind fort, Benedikt ging auch, die Nachbarn entfernten sich--und noch seliger und noch freudenreicher, als gestern gingen die Eltern zu Bette, und selbst der Vater dachte, Felix sei ja fast wie ein Prediger und Priester des Herrn. Auch auf die Haide war er gleich nach den Feiertagen gegangen, auf seiner Rednerbuehne war er gesessen; die Kaefer, die Fliegen, die Falter, die Stimme der Haidelerche und die Augen der Feldmaeuschen waren die naemlichen. Er schweifte herum, die Sonnenstrahlen spannen,--dort daemmerte das Moor, und ein Zittern und Zirpen und Singen----und wie der Vater ihn so wandeln sah, musste er sich ueber die duennen grauen Haare fahren, und mit der schwielenvollen Hand ueber die Runzeln des Angesichts streichen, damit er nicht glaube, sein K n a b e gehe noch dort, und es fehlen nur die Ziegen und Schafe, dass es sei wie einst, und dass die lange, lange Zeit nur ein Traum gewesen sei. Auch die Nachbarn, wie er so Tag nach Tag unter ihnen wandelte, wie ihn schon alle Kinder kannten, wie er jedem derselben, auch mit dem haesslichen, so freundlich redete, und wie er so im Linnenkleide durch die neuen Felder ging--glaubten ganz deutlich, er sei einer von ihnen, und doch war es auch wieder ganz deutlich, wie er ein weit anderer sei, als sie. Eine That muessen wir erzaehlen, ehe wir weiter gehen, und von seinem Leben noch entwickeln, was vorliegt--eine That, die eigentlich geheim bleiben sollte, aber ausgebreitet wurde, und ihm mit eins alle Herzen der Haidebewohner gewann. Als endlich die gezimmerten Truhen mit dem Postboten in die Stadt, und von da durch Getreidewagen auf die Haide gekommen waren, als er daraus die Geschenke hervorgesucht und ausgetheilt, als er tausenderlei Merkwuerdiges gezeigt, Blumen, Federn, Steine, Waffen--und alles genug bewundert worden war,--trat er desselben Tages Abends zu dem Vater in die hintere Kammer, als er gesehen hatte, dass derselbe hineingegangen, und, wie er gern that, sich in den hineinfallenden Fliederschatten gesetzt hatte--er trat beklommen hinein und sagte fast mit bebender Stimme: "Vater, Ihr habt mich auferzogen, und mir Liebes gethan, seit ich lebe--ich aber habe es schlecht vergolten; denn ich bin fortgegangen, dass Ihr keinen Gehuelfen Eurer Arbeit hattet, und Eurer Sorge fuer Mutter und Grossmutter--und als ich gekommen, warfet Ihr mir nichts vor, sondern waret nur freundlich und lieb; ich kann es nicht vergelten, als dass ich Euch nicht mehr verlassen und Euch noch mehr verehren und lieben will, als sonst. So viel Jahre musstet Ihr sein, ohne in mein Auge schauen zu koennen, wie es Eurem Herzen wohlgethan haette;--aber ich bleibe jetzt immer, immer bei Euch.--Allein weil mich Euch Gott auch zur Huelfe geboren werden liess, so lernte ich draussen allerlei Wissenschaft, wodurch ich mir mein Brot verdiente, und da ich wenig brauchte, so blieb Manches fuer Euch uebrig. Ich bringe es nun, dass Ihr es auf Euer Haus wendet, [86] und im Alter zu Gute bekommet, [87] und ich bitte Euch, Vater, nehmt es mit Freundlichkeit an." Der Alte aber, hochroth, zitternd vor Scham und vor Freude, war aufgesprungen und wies mit beiden Haenden die dargebotenen Papiere von sich, indem er sagte: "Was kommt Dir bei, [88] Felix? Ich bin so erschrocken,--da sei Gott vor, [89] dass ich die Arbeit und Muehe meines Kindes nehme--ach, mein Gott, ich habe Dir ja nichts geben koennen, nicht einmal eine andere Erziehung, als die Dir der Herr auf der Haide gab, nicht einmal das fromme Herz, das Dir von selber gekommen.--Du bist mir nichts schuldig--die Kinder sind eine Gottesgabe, dass wir sie erziehen, wie es ihnen frommt, nicht wie es uns nuetzt;--verzeihe mir nur, ich habe Dich nicht erziehen koennen, und doch scheint es mir, bist Du so gut geworden, so gut, dass ich vor Freuden weinen moechte."---- Und kaum hatte er das Wort heraus, so brach er in lautes Weinen aus, und tastete ungeschickt nach Felix Hand--Dieser reichte sie; er konnte sich nicht helfen, er musste sein Antlitz gegen die Schulter des Vaters druecken, und das grobe Tuch des Rockes mit seinen heissesten Thraenen netzen. Der Vater war gleich wieder still, und sich gleichsam schaemend und beruhigend sagte er die Worte: "Du bist verstaendiger als wir, Felix. Wenn Du bei uns bleibst, arbeite, was Du willst; ich verlange nicht, dass Du mir hilfst--da ist ja Benedikt und seine Knechte, wenn es noth thaete; auch habe ich schon ein Erspartes, dass ich mir im Alter einen Knecht nehmen kann.--Du aber wirst etwas arbeiten, wie es Gott gefaellig und wie es recht ist." Felix aber dachte in seinem Herzen, er werde doch in Zukunft, wenn es noetig sei, lieber in der That selbst, und durch Leistung des eben Mangelnden beistehen, damit ihm das Herz nicht so weh thaete, wenn er dem Vater gar nichts Gutes bringen koennte. Ach, das Beste hat er ja schon gebracht, und wusste es nicht, das gute, das ueberquellende Herz, das jedem, selbst dem gehaertetsten Vater ein freudigeres Kleinod ist, als alle Gueter der Erde, weil es nicht Lohn nach aussen ist, sondern Lohn in der tiefsten, innersten Seele. Der Vater that nun gleichgueltig [90] und machte sich mit diesem und jenem im Zimmer zu thun [91]; kaum aber war Felix hinaus, so lief er eiligst zur Mutter und erzaehlte ihr, was der Sohn hatte thun wollen--sie aber faltete die Haende, lief vor die Heiligenbilder der Stube und that ein Gebet, das halb ein Frevel stuermenden Stolzes, halb ein Dank der tiefsten Demuth war. Dann aber ging sie hin und breitete es aus. Das war nun klar, dass er gut war, dass er sanft, treu und weich war, und das sahen sie auch, dass er schoen und herrlich war;--des Weiteren forschten sie nicht, was es sei, und was es sein werde. Er aber ging her, und liess sich weit draussen von dem Dorfe entlegen, auf der Haide ein Stueck Landes zumessen, und begann mit vielen Arbeitern ein steinernes Haus zu errichten.--Dass es groesser werde, als er a l l e i n brauche, fiel Allen auf; aber als es im Herbste fertig war, als es eingerichtet und geschmueckt war, bezog er es gleichwohl allein, und so verging der Winter. Es kam der bluethenreiche Fruehling--und Felix sass in seinem Hause auf der Haide, und herrschte, wie einst, ueber alle ihre Geschoepfe, und ueber all die hohen stillen Gestalten, die sie jetzt bevoelkerten. Was war es denn aber, was den Eltern und Nachbarn an ihm zurueckgebracht worden ist? Sie wussten es nicht. Ich aber weiss es. Ein Geschenk ist ihm geworden, das den Menschen hoch stellt, und ihn doch verkannt macht unter seinen Bruedern--das einzige Geschenk auf dieser Erde, das kein Mensch von sich weisen kann. Auf der Haide hatte es begonnen, auf die Haide musste er es zuruecktragen. Bei wem eine Goettin eingekehrt ist, laechelnden Antlitzes, schoener als alles Irdische, der kann nichts anders thun, als ihr in Demuth dienen. Damals war er fortgegangen, er wusste nicht, was er werden wuerde--eine Fuelle von Wissen hatte er in sich gesogen: es war der n ae c h s t e Durst gewesen, aber er war nicht gestillt; er ging unter Menschen, er suchte sie voelkerweise--er hatte Freunde--er strebte fort, er hoffte, wuenschte und arbeitete fuer ein unbekanntes Ziel--selbst nach Guetern der Welt und nach Besitz trachtete er: aber durch alles Erlangte,--durch Wissen, Arbeiten, Menschen, Eigenthum war es immer, als schimmere weit zurueckliegend etwas, wie eine glaenzende Ruhe, wie eine sanfte Einsamkeit----hatte sein Herz die Haide, die unschuldsvolle, liebe Kindheitshaide mitgenommen? oder war es selber eine solche liebe, stille, glaenzende Haide?----Er suchte die Wuesten und die Einoeden des Orients, nicht bruetend, nicht trauernd, sondern einsam, ruhig, heiter, dichtend.--Und so trug ihn dieses sanfte, stille Meer zurueck in die Einsamkeit, und auf die Haide seiner Kindheit----und wenn er nun so sass auf der Rednerbuehne, wie einst, wenn die Sonnenflaeche der Haide vor ihm zitterte und sich fuellte mit einem Gewimmel von Gestalten, wie einst, und manche daraus ihn anschauten mit den stillen Augen der Geschichte, andere mit den seligen der Liebe, andere den weiten Mantel grosser Thaten ueber die Haide schleifend--und wenn sie erzaehlten von der Seele und ihrem Gluecke, von dem Sterben und was nachher sei, und von Anderem, was die Worte nicht sagen koennen--und wenn es ihm tief im Innersten so fromm wurde, dass er oft meinte, als sehe er weit in der Oede draussen Gott selbst stehen, eine ruhige silberne Gestalt: dann wurde es ihm unendlich gross im Herzen, er wurde selig, dass er denken koenne, was er dachte--und es war ihm, [92] dass es nun so gut sei, wie es sei. Die bloedsinnige Grossmutter war die erste gewesen, die ihn erkannt hatte. "Es sind der Gaben eine Unendlichkeit ueber diese Erde ausgestreut worden," hatte sie eines Tages gerufen, "die Halmen der Getreide, das Sonnenlicht und die Winde der Gebirge--da sind Menschen, die den Segen der Gewaechse erziehen, und ihn ausfuehren in die Theile der Erde; es sind, die da Strassen ziehen, Haeuser bauen, dann sind andere, die das Gold ausbreiten, das in den Herzen der Menschen waechst, das Wort, und die Gedanken die Gott aufgehen laesst in den Seelen. Er ist geworden, wie einer der alten Seher und Propheten, und ist er ein solcher, so hab' ich es vorausgewusst, und ich habe ihn dazu gemacht, weil ich die Koerner des Buches der Buecher in ihn geworfen; denn er war immer weich wie Wachs, und hochgesinnt, wie einer der Helden." Die Grossmutter war es aber auch, mit der er sich allein mehr beschaeftigte, als alle Andern mit ihr; er war der Einzige, der sie zu fluessigen Reden bringen konnte, und der Einzige, der ihre Reden verstand; er las ihr oft aus einem Buche vor, und die hundertjaehrige Schuelerin horchte emsig auf, und in ihrem Angesichte waren Sonnenlichter, als verstaende sie das Gelesene. So war der Fruehling vergangen, so waren wieder Pfingsten gekommen:--aber wie waren es diessmal a n d e r e Pfingsten, als vor einem Jahre. Eine doppelte furchtbare Schwuele lag auf beiden, auf dem Dorfe und auf Felix; und bei beiden loesete sich die Schwuele am Pfingsttage--aber wie verschieden bei beiden! Ich will noch, ehe wir von seinem einfachen Leben scheiden, dieses letzte Ergebniss, dass ich weiss, erzaehlen. Wenn er so manchmal von der Haide kam und durch das Dorf ging, Geschenke fuer die Kinder seiner Schwester tragend, Steinchen, Muscheln, Schneckenhaeuser und dergleichen, die Locken um die hohe Stirne geworfen, wie ein Kriegsgott, und doch die schwarzen Augen so sehnsuchtsvoll und schmachtend: dann war er so schoen, und es trug ihn wohl manche Dirne der Haide als heimlichen Abgott im Herzen verborgen, aber er selber hatte einen Abgott im Herzen;--einen einzigen Punkt suessen heimlichen Glueckes hatte er aus der Welt getragen, als er ihre Aemter und Reichthuemer liess-- einen einzig suessen Punkt durch alle Wuesten--und heute, morgen, dieser Tage sollte es sich zeigen, ob er sein Haus fuer sich allein gebaut, oder nicht.--Alle Kraft seiner Seele hatte er zu der Bitte aufgeboten, und mit Angst harrte er der Antwort, die ewig, ewig zoegerte. Wohl kam Pfingsten naeher und naeher, aber zu der Schwuele, die unbekannt und unsichtbar ueber des Juenglings Herzen hing, gesellte sich noch eine andere ueber dem ganzen Dorfe drohend, ein Gespenst, das mit unhoerbaren Schritten nahte;--naemlich jener glaenzende Himmel, zu dem Felix sein inbruenstiges Auge erhoben, als er jene schwere Bitte abgesandt hatte, jener glaenzende Himmel, zu dem er vielleicht damals ganz allein emporgeblickt, war seit der Zeit w o c h e n l a n g ein glaenzender geblieben, und wohl hundert Augen schauten nun zu ihm aengstlich auf. Felix, in seiner Erwartung befangen, hatte es nicht bemerkt; aber eines Nachmittags, da er gerade von der Haide dem Dorfe zuging, fiel ihm auf, [93] wie denn heuer gar so schoenes Wetter sei; denn eben stand ueber der verwelkenden Haide eine jener praechtigen Erscheinungen, wie er wohl oefters, auch in morgenlaendischen Wuesten, aber nie so schoen gesehen, naemlich das Wasserziehen der Sonne [94]:--aus der ungeheuren Himmelsglocke, die ueber der Haide lag, wimmelnd von glaenzenden Wolken, schossen an verschiedenen Stellen majestaetische Stroeme des Lichtes, und, auseinanderfahrende Strassen am Himmelszelte bildend, schnitten sie von der gedehnten Haide blendend goldne Bilder heraus, waehrend das ferne Moor in einem schwachen milchigten Hoehenrauche verschwamm. So war es dieser Tage oft gewesen, und der heutige schloss sich wie seine Vorgaenger; naemlich zu Abends war der Himmel gefegt, und zeigte eine blanke hochgelb schimmernde Kuppel. Felix ging zu der Schwester, und als er spaet Abends in sein Haus zurueckkehrte, bemerkte er auch, wie man im Dorfe geklagt, dass die Halme des Kornes so duenne standen, so zart, die wolligen Aehren pfeilrecht empor streckend, wie ohnmaechtige Lanzen. Am andern Tage war es schoen, und immer schoenere Tage kamen und schoenere. Alles und jedes Gefuehl verstummte endlich vor der furchtbaren Angst, die taeglich in den Herzen der Menschen stieg. Nun waren auch gar keine Wolken mehr am Himmel, sondern ewig blau und ewig mild laechelte er nieder auf die verzweifelnden Menschen. Auch eine andere Erscheinung sah man jetzt oft auf der Haide, die sich wohl frueher auch mochte ereignet haben, jedoch von Niemand beachtet; aber jetzt, wo viele tausend und tausend Blicke taeglich nach dem Himmel gingen, wurden sie als unglueckweissagender Spuk betrachtet: naemlich ein Waldes- und Hoehenzug, jenseits der Haide gelegen, und von ihr aus durchaus nicht sichtbar, stand nun oefters sehr deutlich am Himmel, das ihn nicht nur Alles sah, sondern dass man sich die einzelnen Ruecken und Gipfel zu nennen und zu zeigen vermochte--und wenn es im Dorfe hiess, es sei wieder zu sehen, so ging Alles hinaus, und sah es an, und es blieb manchmal stundenlang stehen, bis es schwankte, sich in Laengen- und Breitenstreifen zog, sich zerstueckte, und mit eins verschwand. Die Haidelerche war verstummt; aber dafuer toente den ganzen Tag, und auch in den warmen thaulosen Naechten das ewige einsame Zirpen und Wetzen der Heuschrecken ueber die Haide, und der Angstschrei des Kibitz. Das Flinke Waesserlein ging nur mehr wie ein duenner Seidenfaden ueber die graue Flaeche, und das Korn und die Gerste im Dorfe standen fahlgruen und wesenlos in die Luft, [95] und erzaehlten bei dem Hauche derselben mit leichtfertigem Rauschen ihre innere Leere. Die Baumfruechte lagen klein und missreif auf der Erde, die Blaetter waren staubig und von Bluemlein war nichts mehr auf dem Rasen, der sich selber wie rauschend Papier zwischen den Feldern hinzog. Es war die aeusserste Zeit. Man flehte mit Inbrunst zu dem verschlossenen Gewoelbe des Himmels. Wohl stand wieder mancher Wolkenberg tagelang am suedlichen Himmel, und nie noch wurde ein so stoffloses Ding wie eine Wolke, von so vielen Augen angeschaut, so sehnsuechtig angeschaut, als hier--aber wenn es Abend wurde, ergluehte der Wolkenberg purpurig [96] schoen, zerging, loesete sich in lauter wunderschoene zerstreute Rosen am Firmamente auf, und verschwand--und die Millionen freundlicher Sterne besetzten den Himmel. So war der Freitag vor Pfingsten gekommen; die weiche blaue Luft war ein blanker Felsen geworden. Vater Niklas war Nachmittags ueber die Haide gekommen, das Baechlein war nun auch versiecht, [97] das Gras bis auf eine Decke von schalgrauem [98] Filze verschwunden, nicht Futter gebend fuer ein einzig Kaninchen; nur der unverwuestliche und unverderbliche Haidesohn, der misshandelte und verachtete Strauch, der Wachholder, stand mit eiserner Ausdauer da, der einzige lebhafte Feldbusch, das gruene Banner der Hoffnung; denn er bot freiwillig gerade heuer eine solche Fuelle der groessten blauen Beeren, so ueberschwenglich, wie sich keines Haidebewohners Gedaechtniss, entsinnen konnte.--Eine ploetzliche Hoffnung ging in Niklas Haupte auf, und er dachte als Richter mit den Aeltesten des Dorfes darueber zu rathen, wenn es nicht morgen oder uebermorgen sich aenderte. Er ging weit und breit und betrachtete die Ernte, die keiner gesaeet, und auf die keiner gedacht, und er fand sie immer ergiebiger und reicher, sich, weiss Gott, in welche Ferne erstreckend--aber da fielen ihm die armen tausend Thiere ein, [99] die dadurch werden in Nothstand versetzt sein, wenn man die Beeren sammle: allein er dachte, Gott der Herr wird ihnen schon eingeben, wohin der Krammetsvogel fliegen, das Reh laufen muesse, um andere Nahrung zu finden. Da er heimwaerts in die Felder kam, nahm er eine Scholle und zerdrueckte sie; aber sie ging unter seinen Haenden wie Kreide auseinander--und das Getreide, vor der Zeit Greis, fing schon an, sich zu einer tauben Ernte [100] zu bleichen. Wohl standen Wolken am Himmel, die in langen milchweissen Streifen tausendfarbig und verwaschen die Blaeue durchstreiften, sonst immer Vorboten des Regens; aber er traute ihnen nicht, weil sie schon drei Tage da waren, und immer wieder verschwanden, als wuerden sie eingesogen von der unersaettlichen Blaeue. Auch manch anderer Hausvater ging haenderingend zwischen den Feldern und als es Abend geworden, und selbst zerstueckte Gewitter um den Rand des Horizontes standen, und sich gegenseitig Blitze zusandten,--sah ein von der Stadt heimfahrender Bauer selbst die halbgestorbene [101] Grossmutter mitten im Felde knien, und mit emporgehobenen Haenden beten, als sei sie durch die allgemeine Noth zu Bewusstsein und Kraft gelangt, und als sei sie die Person im Dorfe, deren Wort vor allen Geltung haben muesse im Jenseits. Die Wolken wurden dichter, aber blitzten nur und regneten nicht. Wie Vater Niklas zwischen die Zaeune bog, begegnete er seinem Sohne und siehe, dieser ging mit traurigem Angesichte einher, mit weit traurigerem, als jeder Andere im Dorfe. "Guten Abend, Felix," sagte der Vater zu ihm, "giebst Du denn die Hoffnung ganz auf?" "Welche Hoffnung, Vater?" "Giebt es denn eine andere, als die Ernte?" "Ja, Vater, es giebt eine andere;--die der Ernte wird in Erfuellung gehen, die andere nicht. Ich will es Euch sagen, ich selber habe etwas fuer Euch und das Dorf gethan. Ich habe zu der Obrigkeiten der fernen Hauptstadt geschrieben, und ihnen der Stand der Dinge gemeldet; ich habe Freunde dort und manche haben mich lieb gehabt,--sie werden Euch helfen, dass ihr keinen Hauch von Noth empfindet sollet, und auch ich werde so viel helfen, als in meiner Kraft ist. Aber troestet Euch und troestet das Dorf: alle Hilfe von Menschen werdet Ihr nicht brauchen; ich habe den Himmel und seine Zeichen auf meinen Wanderungen kennen gelernt, und er zeigt, dass es morgen regnen werde.--Gott macht ja immer Alles, Alles gut, und es wird auch dort gut sein, wo er Schmerz und Entsagung sendet." "Moege Dein Wort in Erfuellung gehen, Sohn, dass wir zusammen glueckliche Festtage feiern." "Amen," sagte der Sohn, "ich begleite Euch zur Mutter; wir wollen glueckliche Festtage feiern." Pfingstsamstags-Morgen war angebrochen und der ganze Himmel hing voll Wolken; aber noch war kein Tropfen gefallen. So ist der Mensch. Gestern gab jeder die Hoffnung der Ernte auf, und heute glaubte jeder, mit einigen Tropfen waere ihr geholfen. Die Weiber und Maegde standen auf dem Dorfplatze und hatten Faesser und Geschirr hergebracht, um, wenn es regne, und der Dorfbach sich fuelle, doch auch heuer wie sonst, ihre Festtagsreinigungen vornehmen zu koennen und feierliche Pfingsten zu halten. Aber es wurde Nachmittag, und noch kein Tropfen war gefallen, die Wolken wurden zwar nicht duenner--aber es kam auch Abend, und kein Tropfen war gefallen. Spaet Nachts war der Bote zurueckgekommen, den Felix in die Stadt zur Post gesendet, und brachte einen Brief fuer ihn. Er lohnte [102] den Boten, trat, als er allein war, vor die Lampe seines Tisches, und entsiegelte die wohlbekannte Handschrift: "Es macht mir vielen Kummer, in der That, s c h w e r e n Kummer, dass ich Ihre Bitte abschlagen muss. Ihre selbstgewaehlte Stellung in der Welt macht es unmoeglich zu willfahren; meine Tochter sieht ein, dass so nichts sein kann, und hat nachgegeben. Sie wird den Sommer und Winter in Italien zubringen, um sich zu erholen, und sendet Ihnen durch mich die besten Gruesse. Sonst ihr treuer, ewiger Freund." Der Mann, als er gelesen, trat mit schneebleichem Angesichte und mit zuckenden Lippen von dem Tische weg--an den Wimpern zitterten Thraenen vor. Er ging ein paarmal auf und ab, legte endlich das erhaltene Schreiben langsam auf den Tisch, schritt mit dem Lichte gegen einen Schrein, nahm ein Paeckchen Briefe heraus, legte sie schoen zusammen, umwickelte sie mit einem feinen Umschlage, und siegelte sie zu--dann legte er sie wieder in den Schrein. "Es ist geschehen," sagte er athmend, und trat an's Fenster, sein Auge an den dicken finstern Nachthimmel legend. Unten stand ein verwelkter Garten--die Haide schlummerte--und auch das entfernte Dorf lag in hoffnungsvollen Traeumen. Es war eine lange, lange Stille. "Meine selbstgewaehlte Stellung," sagte er endlich sich emporrichtend--und im tiefen, tiefen Schmerze war es wie eine zuckende Seligkeit, die ihn lohnte. Dann loeschte er das Licht aus und ging zu Bette. Des andern Morgens, als sich die Augen aller Menschen oeffneten, war der ganze Haidehimmel grau, und ein dichter sanfter Landregen traeufelte nieder. Alles, alles war nun geloeset; die freudigen Festgruppen der Kirchgaenger ruesteten sich, und liessen gern das koestliche Nass durch ihre Kleider sinken, um nur zum Tempel Gottes zu gehen und zu danken--auch Felix liess es durch seine Kleider sinken, ging mit und dankte mit, und Keiner wusste, was seine sanften, ruhigen Augen bargen. So weit geht unsere Wissenschaft von Felix, dem Haidebewohner.--Von seinem Wirken und dessen Fruechten liegt nichts vor: aber sei es so oder so--trete nur getrost dereinst vor deinen Richter, du reiner Mensch, und sage: "Herr, ich konnte nicht anders, als dein Pfund pflegen, das du mir anvertraut hast," und waere dann selbst dein Pfund zu leicht gewesen, der Richter wird gnaediger richten als die Menschen. NOTES. To forestall one criticism to which the following short commentary would seem to lay itself open, I wish to state that the plan of making the notes partly in English and partly in German has been formed after considerable reflection. Stifter's use of language is so peculiar and original in places, that the nearest approach to the force of an expression is often made in German, as [29], [41], [46], [47], etc. A mere translation in such places would be misleading without a full explanation of the idiomatic bearing of the word or phrase in question. On the other hand, the pregnant meaning of words like [15], [72], [75], etc., it has been thought, would best be suggested in English for the sake of simplicity, and further elucidation left to the teacher. O. H. * * * * * I. [1] FLECKCHEN, _a little spot_. [2] SEIT UNVORDENKLICHEN ZEITEN, _beyond man's memory_. [3] HAIDEFOeHRE; Foehre = Fichte. [4] ZEITWEISE, zuweilen, hie und da, dann und wann. [5] WACHHOLDERSTAUDE, _juniper-bush_. [6] IM WEITERN, sonst. [7] MAN MUessTE NUR, _unless one, etc_. [8] GELAeNDE, _tract of land, landscape_. [9] DES OeFTERN, oefters. [10] EIGENTLICH, genau, wirklich, wahrhaft, urspruenglich. [11] IM GRUNDE, _in fact_. [12] HEGTE, _cherished_. [13] MITBESITZER; one who shares the possession of something with others. [14] ABSTAMMUNG; a play upon the original word "Stamm"; means ramification as well as descent. [15] SIPPSCHAFT, generally used in a contemptuous sense. [16] BLAUDUFTIG, _in a blue haze_. [17] ROssBERG, von Ross, syn. Pferd. [18] UeBERHAUPT, _altogether_. [19] NUN, hier zu uebersetzen mit _then_. [20] PFLEGEBEFOHLENEN, syn. Schuetzlinge. [21] ZUTHAT, _addition_. [22] BEWERKSTELLIGTES, part. pass. von bewerkstelligen, zu Stande bringen, vollenden. [23] GERAeUMIG; abgeleitet von Raum. [24] EIN UND DAS ANDERE FACH, einige Faecher. [25] VORERST, zuerst. [26] WIDERSPENSTIGER, eigensinniger. [27] FAHREN LASSEN, hergeben, abgeben, aufgeben (_to let go_). [28] ANZULEGENDEN; Part. fut. pass. [29] STARRTEN, starren heisst hier, wie oft, starr sein, wie z.B. vor Frost, Entsetzen, aber auch Waffen, etc. starr = unbeugsam. [30] STROTZTEN; strotzten mit Praep. von, in Fuelle schwellen, oft mit dem Nebenbegriff des Stolzes. [31] AUFTISCHTEN, vorsetzten. [32] WOHL, _it is true that_ ... [33] EINBEEREN; die Einbeere oder Wolfsbeere, _true-love_, a plant. [34] FREILICH, _of course_. [35] SCHNARRENDER; from schnarren (onomatopoeic), the colorless sound produced by the vibrations of a string; used also of the drum. [36] SPRINGER; gemeint ist der Heuspringer oder die Heuschrecke, Gryllus. [37] HEIDUKEN; localism; what is meant is probably Heidschnacken or Heidschnucken (pl.), _heath-muttons_. [38] ZIRPEND; onomatopoeic from the "zirp, zirp" of these insects. [39] SCHLEIFEND; descriptive, again, of the sound produced by these insects, which resembles the whetting of scythes. [40] GESINGE, monotonous singing, _sing-song_. [41] VORBEILAeUTETE; der Ton der Hummel wird mit dem einer Glocke verglichen. [42] KEHRSEITE, Rueckseite. [43] EITEL, lauter; _pure_. "Esset eitel ungesaeuert Brot," 2. Mos. 12, 20. [44] SCHLUePFEN, scil. in das und aus dem Loch. [45] SEIT URZEITEN, siehe Anmerkung 2, p. 3. [46] WAR KEINER ERLEBT WORDEN, niemand hatte in seinem ganzen Leben einen gesehen. [47] EIERSAUFENDE; Saufen ist das Trinken der Thiere; man wuerde erwarten eierschluerfende. [48] WAS IHM GEWORDEN, _which had fallen to his share_. [49] UNBEGREIFLICHER WEISE, _in some incomprehensible manner_. [50] VORQUOLL, hervorquoll. [51] BREI AUS HIRSE, _millet-pudding or pap_. [52] KAM ... DAHER, _came along_. [53] ERBARMTE IHR DER KNABE; erbarmen, ordinarily used as a reflexive verb with a genitive in the sense of _take pity on someone_, is used here in the sense of _cause pity to someone_. II. [54] TRINKSPRUCH, _toper's adage_. [55] SCHUPPEN, _carriage-house_. [56] TRIEB IMMER SEHR FRUeH NACH HAUSE, scil. die Schafe. The parents are described somewhat after the fashion of Goethe's account of his parents, of whom he said: Vom Vater hab' ich die Statur, Des Lebens ernstes Fuehren, Vom Muetterchen die Frohnatur, Und Lust zum Fabulieren. [57] STOeSSIGER BOCK; einer der stoesst (mit den Hoernern). [58] IRRSAL STIFTETE, _made trouble_. [59] ZU PAAREN TRIEB, _mastered, subdued_. [60] GEKAUERT; part. from kauern, _to cower_. [61] SICH IN DIE BEGEISTERUNG GEREDET, _talked herself into enthusiasm_. [62] DA GRAUTE ER SICH AB, more expressive than es graute ihm. [63] ZUG, here _procession_. [64] UMKRAMPFTE, _seized him as if in a spasm_. [65] GESEGNEN, segnen. III. [66] HEUEN, Heu machen. [67] UND ES WURDE IHM SO GUT, _and he was doing so well_. [68] WANDERPACK, Raenzel, Felleisen. [69] EITEL FREUDE, nichts als Freude. [70] VON DANNEN ZOG, _went on his way_. [71] DAS ... GUT ANSCHLUG, _which was doing well_. [72] GRUNDHERRSCHAFT, _the landlord_; lit. _the landlordship_. [73] BAUTEN SICH AN, _built houses, settled there_. [74] TRIEBEN EIGENE WIRTHSCHAFT, _kept house by themselves_. [75] KANZLEIHERRN, _the officials_; note the significance of Herrn in the context. [76] GELIEBT, beliebt, gefaellt. [77] SIE SAH NICHT, das Mutterherz sah nicht. [78] FIEL IHM KLEIN MARTHA BEI; beifallen, einfallen. [79] WELSCHLAND, hier Italien; welsch heisst ueberhaupt auslaendisch, genauer romanisch. "Welsh with these men means foreign and is used for all people of Europe who are not of Gothic or Teutonic blood." (William Morris, "A Tale of the House of the Wolfings," etc.) IV [80] HATTE ES MANCHEM VERWISCHT; hatte Manchem die Erinnerung daran ausgeloescht. [81] EINERLEIHEIT, _monotony_. [82] HAIDEBUeHEL; Buehel, Huegel. [83] VORLALLTE; lallen, das unverstaendliche Sprechen der Kinder. [84] LEGTE SICH SEIN HERZ DAR, zeigte sich sein Herz. [85] JE; hier soviel wie dort. Sehr ungewoehnlicher Gebrauch. [86] WENDET, verwendet. [87] ZU GUTE BEKOMMET, _get the good of it._ [88] WAS KOMMT BEI DIR, _what are you thinking of_? [89] DA SEI GOTT VOR, GOTT BEWAHRE; _God forbid_. [90] THAT GLEICHGUeLTIG, _tried to act indifferently_. [91] MACHTE SICH ZU THUN, _busied himself_. [92] UND ES WAR IHM, _and he felt_. [93] FIEL IHM AUF, _he noticed with astonishment_. [94] WASSERZIEHEN DER SONNE, "_The sun drawing water_." [95] STANDEN IN DIE LUFT, note the accusative. [96] PURPURIG; until very recently (the discovery and exhibition of the "Resurrected of Kerke") the notion prevailed in Germany that the "purple" of the ancients was a golden or scarlet hue. [97] VERSIECHT, versiegt. [98] SCHALGRAUEM; schal, _flat, insipid_. [99] FIELEN IHM EIN, _occurred to him_. [100] TAUBE ERNTE; _a useless crop_; taub in the secondary sense designates that which lacks the most essential. [101] HALBGESTORBENE; note the difference between this and halbtote. [102] LOHNTE, bezahlte. The pay of a messenger is called Botenlohn. End of the Project Gutenberg EBook of Das Haidedorf, by Adalbert Stifter *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS HAIDEDORF *** This file should be named 7haid10.txt or 7haid10.zip Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 7haid11.txt VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 7haid10a.txt This eBook was produced by David Starner, Delphine Lettau, Olaf Voss, and the people at Disributed Proofing Project Gutenberg eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not keep eBooks in compliance with any particular paper edition. We are now trying to release all our eBooks one year in advance of the official release dates, leaving time for better editing. Please be encouraged to tell us about any error or corrections, even years after the official publication date. 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